Review: STAR OCEAN: The Divine Force [PlayStation 5]

1. Januar 2023,   
Autor: Pascal Walther

STAR TREK meets Fantasy: Dieser eine Satz ist prägend für die seit dem Jahre 1996 erscheinenden Games der STAR OCEAN-Reihe des Entwicklers tri-Ace. Über das nächste Vierteljahrhundert hinweg folgten vier Nachfolger des ersten Games, die das komplexe Universum der Serie erweiterten. Nun, etwas mehr als 25 Jahre nach dem ersten Spiel, kam am 27. Oktober 2022 der sechste Titel in den Handel. STAR OCEAN: The Divine Force soll laut dem Entwickler ein Game sein, dass das 25-jährige Jubiläum des Franchise feiert. Ich habe das Spiel auf der PlayStation 5 getestet, um zu sehen, ob es diesem hohen Anspruch gerecht wird. Pascal Walther

ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.


Princess meets Merchant

Die Geschichte beginnt im Jahr S. D 583, also 583 Jahre nachdem die Menschheit von der Erde aus zu den Sternen aufgebrochen ist. Anders gesagt im Jahre 2669 n. Chr. Die Handlung beginnt auf dem Planeten Aster IV, einem unterentwickelten Planeten weit entfernt von der Erde. Laeticia Aucerius, Kronprinzessin des Königreichs Aucerius, ist unterwegs mit ihrem treuen Untergebenen Albaird Bergholm als sie am Nachthimmel eine Sternschnuppe sehen, die gen Boden stürzt. Bei der Absturzstelle finden sie allerdings keinen Meteoriten vor, sondern ein merkwürdiges rotes Gebilde. Neben diesem findet sich einen Mann, der kurz davor ist, von einigen Monstern gefressen zu werden.

Laeticia und Albaird kommen ihm zu Hilfe und retten ihn. Der mysteriöse Fremde stellt sich als Raymond Lawrence oder kurz Rey vor. Das rote Gebilde war seine Rettungskapsel, die er benutzen musste, da sein Raumschiff, die Ydas, im Kampf mit einem anderen Schiff zerstört wurde. Er war dabei, einen Transportauftrag zu erledigen und Fracht von einem Planeten zum anderen zu führen. Ray ist nun vorerst auf diesem technologisch unterentwickelten Planeten gefangen und muss gleichzeitig nach seinen ebenso mit einer Rettungskapsel geflohenen Mannschaftsmitgliedern Elena und Chloe suchen. Allerdings muss er diese Reise nicht allein antreten, denn Laeticia freundet sich schnell mit Ray an, obschon sie von der Technologie absolut überwältigt ist, die er nutzt. Ganz uneigennützig tut sie das allerdings nicht, denn die Prinzessin ist auf einer Reise, um Verbündete im Kampf gegen das Vey’l Kaiserreich zu finden. Ray ist bereit, ihr zu helfen und dabei gleichzeitig seine Freunde zu suchen. So beginnt also das gemeinsame Abenteuer der drei ungleichen Gefährten und gleich ganz am Anfang kommt es zu einer folgenreichen Begegnung.

In der Hoffnung, Elena zu finden, begeben sich die drei zu einer weiteren abgestürzten Kapsel. Doch sie finden nicht Elena vor, sondern die Fracht der Ydas, die hochentwickelte KI D.U.M.A. Diese Kugelförmige KI prägt sich gleich als erstes auf Laeticia (oder Ray, s. unten) ein und steht ihr fortan im Kampf zur Hilfe. D.U.M.A. ermöglicht es Laeticia durch die Lüfte zu fliegen und Gegner ganz schnell anzugreifen. Mit dieser tatkräftigen Unterstützung geht die Reise der Gefährten über den ganzen Kontinent munter weiter. Auf dem Weg treffen sie auf so manche Widrigkeiten und Gefahren. Jedoch treffen sie auch auf neue Freunde wie die liebenswerte Heilerin Nina oder den etwas grantig erscheinenden, aber doch herzlichen Midas. Letzterer hält einen Teil der Lösung für Laeticias Problem bereit.

Zwei Personen – zwei Geschichten

Die Geschichte, so wie sie oben in Teilen wiedergegeben ist, ist aus der Perspektive von Laeticia erzählt. Das Game bietet jedoch auch die Möglichkeit, aus der Perspektive von Raymond die Ereignisse der Geschichte zu erleben. Gleich ganz zu Beginn wird man als Spieler vor diese Wahl gestellt. In vielen anderen Spielen hat diese Auswahl meist keine gravierenden Auswirkungen auf das Gameplay. Doch im Falle von STAR OCEAN: The Divine Force hat die Wahl des Protagonisten, ob man als Laeticia oder Ray anfängt, einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Spielerlebnis.

Ebenso ist D.U.M.A. immer dem jeweiligen Protagonisten treu ergeben. Das hat unweigerlich zur Folge, dass gewisse Elemente der Story nicht erlebt werden, weil der ausgewählte Charakter stellenweise nicht anwesend war. So fängt Rays Story beispielsweise weit entfernt von Aster IV an und thematisiert erst die Vorgeschichte, wie er und seine Crew überhaupt dort landeten. Der Unterschied ist also größer als man es von anderen Games mit einer ähnlichen Wahl gewohnt ist. Vereinfacht gesagt ist Laeticias Route die Fantasy-Version, in der alle SciFi-typischen Elemente wie Raumschiffe zuerst unbekannt sind und viel später in Erscheinung treten. Rays Route hingegen ist die klare SciFi-Handlung von Anfang an, da er über modernes Wissen verfügt.

Im Prinzip ist es so, dass man zwei mehr oder minder unabhängige Handlungsstränge in einem Spiel hat, dass das Durchspielen beider Routen erfordert, um die komplette Geschichte zu erleben. Es geht sogar so weit, dass wenn man als Laeticia anfängt, sich meiner Meinung nach in Teilen wie ein Bewohner eines rückständigen Planeten fühlt, weil man den größeren Kontext nicht kennt, der Teil von Rays Beginn ist. Dieses kleine Detail zeigt, wie viel Liebe zum Detail die Macher bei tri-Ace in ihr Spiel gesteckt haben.

Spiel mit Herz, aber…

Viele kleine Details machen das Gameplay zu einem echt immersiven Erlebnis. Ein schönes Beispiel sind die individuellen Dialoge der NPCs innerhalb der Städte/Dörfer. Fast jeder von ihnen hat einen speziellen Dialog, den man hören kann, wenn man an ihnen vorbeigeht oder länger neben ihnen steht. Entscheidet man sich allerdings für die japanischen Sprachfassung, was ich persönlich empfehlen würde, so werden diese teils ernsten, teils lustigen Dialogen den meisten Spielern verschlossen bleiben, da keine englischen Untertitel bereitgestellt werden. Wer es aber zu verstehen mag, der merkt wieviel Herz selbst in diese kleinen Nebencharaktere gesteckt wurde.

Auch die spielbaren Charaktere wachsen einem schnell ans Herz. Auch in anderen kleinen Punkten zeigt sich die Detailverliebtheit der Macher. Zum Beispiel sind Pflastersteine in den Städten mit Rissen und anderen Abnutzungsspuren versehen, was sie realistischer macht. Hier mag auch die höhere Auflösung der PlayStation 5 mitgeholfen haben. Doch bei all der Liebe zum Detail gibt es auch einiges, das nicht so gut umgesetzt wurde und mir während des Spielens negativ auffiel. Unter anderem leidet das Spiel auf schreckliche Art und Weise an Problemen mit dunkleren Ecken bzw. Räumen. Wenn man in solch einen eintritt, wirkt es teils als wäre man direkt in eine Dunkelkammer gelaufen. Und erst recht, wenn man auf der Reise plötzlich in einem Kampf an so einem dunklen Ort verwickelt ist, wird es nur noch lästig. Bei einem niedrigen Level kann so etwas gar zu einem Game Over führen.

Ein weiteres Defizit ist die Grafik der Sonne. Abgesehen vom oben erwähnten Problem, ist der Lichteinfall sowie Schattenwurf zwar äußert gut dargestellt. Allerdings sieht die Sonne beim Blick nach oben wie eine zweidimensionale Scheibe aus. Auch andere Lichtquellen schwebten teils an der Decke ohne Zusammenhang, was befremdlich aussah.

The Sky’s the Limit?

STAR OCEAN: The Divine Force führt ein komplett neues Feature ein: die 360°-Bewegung. Zum ersten Mal in der Reihe ist es möglich, frei durch die Lüfte zu fliegen und sich in alle Richtungen dynamisch zu bewegen – und das auch in Kämpfen. Ermöglicht wird dies durch D.U.M.A., der den jeweils gerade gespielten Charakter auf Knopfdruck beschleunigen und in die Lüfte katapultieren kann. Das Game wirbt damit, dass man somit die Orte, die man sehen kann, auch erreicht. Anfangs stand ich dieser Aussage etwas skeptisch gegenüber, da das Spiel offiziell nicht als ein Open-World beworben wird. Durch das Fliegen können Dächer, Felsen, Vorsprünge und dergleichen, die man durch normales Springen nie erreichen könnte, erreicht. Doch ausnahmslos „alle“ Ort sind hier nicht möglich.

Die Reichweite ist auch ein wichtiger Punkt, der beim Fliegen bedenkt werden muss. Denn so schön es auch klingen mag, frei durch die Lüfte zu fliegen kann man nicht erwarten. Anfangs ist die Reichweite des Fliegens begrenzt, durch das Einsetzen der Gleiten-Funktion lässt sich dann die Distanz leicht erhöhen. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht ausreichend. Im späteren Verlauf des Games wird die Funktion zwar um die Möglichkeit erweitert, ein zweites Mal in der Luft zu beschleunigen und dabei gar die Richtung zu ändern. Nichtsdestoweniger bleibt das Fliegen trotzdem unter den Erwartungen, die ich hatte, als ich davon las.

Aber dank der Option des Fliegens sind einerseits die Kämpfe auf eine Weise sehr dynamisch wie niemals zuvor. Anderseits ist es so auch möglich, Kämpfen zu umgehen, indem man einfach über die Feinde hinwegfliegt. Es wird allerdings Vorsicht geboten, wohin man fliegt und bestenfalls vorher von D.U.M.A. einen Scan ausführen lassen. Sonst kann es passieren, dass der Flug plötzlich in einer Horde von Monstern endet und man in einen Kampf verwickelt wird.

Musikalisch und grafisch gut kombiniert

STAR OCEAN: The Divine Force wurde vom Entwickler tri-Ace produziert und vom Publisher SQUARE ENIX weltweit vertrieben. Der neue Titel erschein am 27. Oktober 2022 für die PlayStation 4|5, Xbox One, Xbox Series X|S sowie den PC zu einer UVP von 69,99 EUR. Mittlerweile ist der Preis bei einigen Händlern bereits leicht gesunken. Doch selbst die UVP ist immer noch im Rahmen für ein Spiel, für das man, wenn man sich Zeit nimmt die Welt zu erkunden, sicher gut 100 Stunden für ein komplettiertes Erlebnis benötigt.

Das komplette Spiel wird zusätzlich durch den wunderschönen Soundtrack von Motoi Sakuraba, der bereits bei früheren Titeln der Reihe die Musik beisteuerte, ergänzt. Die vom ebenso wiederkehrenden Akira Yasuda (Akiman) designten Charaktere werden besonders in den Zwischensequenzen sehr akkurat dargestellt. Zum Teil haben die sonst hervorragenden Artworks den Anschein, als hätten manche Charaktere falsche Anatomie, besonders wenn sie die Arme beugen, entsteht auf der Haut ein so spitzer Winkel, dass es schon fast an polygone Spiele der späten 90er erinnert.

Trotz dieser Fehler wiegen meiner Meinung nach die Detailverliebtheit der Landschaften und die Vielfalt der Landschaften und Städte schwerer als die grafischen Probleme, die das Game durchaus besitzt.

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Fazit

Alles in allem ist STAR OCEAN: The Divine Force meiner Meinung nach ein würdiger Nachfolger für seine Vorgänger. Eine mitreißende Story trifft hierbei auf liebevoll gestaltete Charaktere mit ausgeprägten Persönlichkeiten, die der Geschichte viel Leben einhauchen. Die Landschaften des Planeten Aster IV sind divers und laden zum Erkunden und Entdecken ein.

Auch die teils sehr geschäftigen Städte bieten auch abseits der Hauptstory viele Gelegenheiten zum Verweilen. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, sich in 360° zu bewegen und durch die Lüfte zu fliegen, auch wenn das Fliegen nicht ganz so frei ist wie es sich anhört. Divine Force hat durchaus einige Defizite, die man nicht übersehen kann. Doch allen Schönheitsfehlern zum Trotz schafft es der sechste Titel in der STAR OCEAN-Reihe, genau wie seine Vorgänger zuvor, mich in seinen Bann zu ziehen und mir etliche unterhaltsame Spielstunden zu bescheren. Mittlerweile sind mir besonders die Charaktere so sehr ans Herz gewachsen, dass ich gar mit ihren Emotionen mitfühle oder je nach Situation auch entsprechend regiere.

Kurzfazit

STAR OCEAN: The Divine Force ist der für mich bisher beste Titel der Reihe und sowohl für alte Fans also auch für Neulinge ein tolles Erlebnis. Besonders auch die liebenswerten Charaktere allein sind es schon wert, das Game zu spielen.

Bilder: © 2022 SQUARE ENIX CO., LTD. All Rights Reserved.

Pro

  • Charaktere mit starker Persönlichkeit
  • Mitreißende Story
  • Grafisch detailliert, ....

Contra

  • ... aber mit einigen Schwächen
  • Manche Ortschaften zu dunkel
  • Fehlerhafte Anatomie der Charaktere
8.0
10
Story/Umfang:
Gameplay:
Grafik:
Soundtrack:
Themen:
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