Eine Welt ohne Menschen, die stattdessen von humanoiden Edelsteinen bevölkert wird, welche wiederum von den Mondbewohnern bedroht werden. Das ist die Prämisse von Das Land der Juwelen. Der Anime gilt schon seit geraumer Zeit als einzigartig und insbesondere die Animation betreffend als „Juwel“ der Anime-Szene. KSM Anime sicherte sich die Lizenz und veröffentlichte am 9. Dezember 2021 das erste Volume. Wird die Anime-Serie seinem Ruf gerecht? Lisa Murauer
ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.
In einer fernen Zukunft
Die Welt, wie wir sie kennen, ist schon lange Vergangenheit. Einst löschten sechs Meteoriten fast das ganze Leben aus und hinterließen nur einen bewohnbaren Kontinenten. Die Menschheit selbst ist seitdem ebenso Geschichte. Einige tausend Jahre später bevölkern nun Edelsteine das letzte bisschen Land. Diese Wesen sind sowohl geschlechtslos als auch fast unzerstörbar und besitzen eine humanoide Gestalt. Doch die Existenz der Juwelen wird vom rätselhaften Mondvolk bedroht, das Jagd auf die Edelsteine macht, diese entführt, um sie zu Schmuck und Waffen zu verarbeiten.
Das Juwel Phosphophyllit, kurz Phos, besitzt den Traum, ebenfalls gegen das Mondvolk zu kämpfen. Allerdings ist Phos einer der zerbrechlichsten Edelsteine und wurde deswegen zur Erstellung einer Enzyklopädie verdonnert, die die Geschichte der Welt wiedergeben soll. Was sich anfangs als langweilige Aufgabe gestaltet, wird schon bald alles andere als das. Und so kommt Phos mehr und mehr den Geheimnissen der Welt auf die Spur.
Das ausgestoßene Juwel
Während Phos nach Informationen sucht, die in der Enzyklopädie festgehalten werden sollen, trifft Phos auf das Juwel Cinnabarit, das zurückgezogen und abseits von den anderen Edelsteinen lebt. Denn Cinnabarit besitzt die Eigenschaft, Gift abzusondern, das die Umwelt und die Juwelen zerstören kann. Cinnabarit ist aus diesem Grund dafür zuständig, nächtliche Patrouillen durchzuführen und zu jener Zeit, in der die anderen Edelsteine, die vom Sonnenlicht leben, schlafen, nach dem Mondvolk Ausschau zu halten.
Als Phos vom Mondvolk angegriffen wird, eilt Cinnabarit jedoch schnell zu Hilfe. Denn aufgrund des Giftes sind nicht einmal die Mondbewohner an Cinnabarit interessiert und somit ist sich Cinnabarit selbst unsicher, welchen Grund es geben kann, auf der Erde zu existieren. Nachdem Phos von Cinnabarits insgeheimen Wunsch erfährt, vom Mondvolk entführt zu werden, um doch zu den anderen Edelsteinen zu gehören, ist Phos entsetzt. Kurz darauf schwört sich Phos, genau einen solchen Grund für die Existenz zu finden, um Cinnabarit zu helfen. Das gestaltet sich allerdings ebenfalls als keine leichte Aufgabe, vor allem da Phos mit dem eigenen Schicksal und den eigenen Aufgaben nicht besonders glücklich ist.
Bild und Animation
Das Land der Juwelen (jap. Houseki no kuni) basiert auf der gleichnamigen Manga-Reihe aus der Feder von Haruko Ichikawa. Der erste Band wurde 2012 veröffentlicht und bisher umfasst die Reihe elf Bände. Hierzulande sicherte sich Manga Cult die Rechte und bringt Das Land der Juwelen seit 2018 in den deutschen Handel.
Der 12-teilige Anime entstand im Studio Orange und lief erstmals 2017 im japanischen Fernsehen. Für den deutschen Disc-Release sicherte sich KSM Anime die Rechte und veröffentlichte am 9. Dezember 2021 das erste von insgesamt drei Volumes auf DVD und Blu-ray.
Das, was als Erstes ins Auge sticht, ist das überaus scharfe Bild, das einem geboten wird. Die Farben sind lebendig und brillant, ohne es dabei zu übertreiben. Das Charakterdesign von Asako Nishida ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, insbesondere was die Anatomie angeht. Doch sind diese Freiheiten in diesem Fall durchaus passend – schließlich sind die Edelsteine zwar humanoid, aber keine Menschen. Die Gestaltung der Texturen an sich (hier sind die Haare hervorzuheben), können jedoch von Beginn an überzeugen.
Sie heben das Nichtmenschliche der Edelsteine gekonnt hervor und unterstreichen die eindrucksvollen Licht- und Glanzeffekte. Die Animation selbst ist flüssig und somit gibt es hier ebenfalls nichts auszusetzen. Kurz: Hier wird ein Bild geboten, an dem man sich nicht sattsehen möchte.
Deutsche Umsetzung und Musik
Für die deutsche Umsetzung wurde die Synchronfirma G&G Tonstudios GmbH in Kaarst beauftragt. Sowohl für das Dialogbuch als auch für die -regie ist Richard Westerhaus verantwortlich. In einem einzigen Wort kann die deutsche Fassung als gelungen bezeichnet werden.
Der gesamte Sprechercast überzeugt und alle Sprecher passen wunderbar zu ihren jeweiligen Figuren. Eine Besonderheit dieser Anime-Serie ist ebenfalls der Umgang mit Pronomen. Um die Geschlechtslosigkeit der Edelsteine auszudrücken, wurde in der deutschen Fassung nämlich auf das Neopronomen xier zurückgegriffen. Was auf Papier etwas ungewohnt wirken mag, klingt im Dialog selbst überaus natürlich. Der japanische Originalton ist selbstverständlich mit deutschen Untertiteln ebenfalls verfügbar. Und diese Originalfassung kann ich auch nur jedem ans Herz legen.
Für die Musik ist Komponist Yoshiaki Fujisawa zuständig. Die meist heiteren Töne veranschaulichen die Lebendigkeit der Welt und sie gehen zudem schnell ins Ohr. Allerdings ist die musikalische Untermalung für die ernsteren Szenen und ebenfalls für die Kampfszenen weniger geeignet. Denn auch hier wirkt sie nicht besonders mitreißend und zusätzlich oftmals zu fröhlich.
Das Opening (Kyoumen no Nami von YURiKA) entspricht musikalisch leider nicht meinem persönlichen Geschmack. Die Animation ist hingegen wie in der Serie selbst vollends gelungen und ein echter Hingucker. Wieder einmal wird hier bewiesen, wie gut CGI aussehen kann. Das Ending (Kirameku Hamabe von Yuiko Ohara) passt aus meiner Sicht musikalisch wie bildlich besser zusammen, aber auch hier ist es vor allem die Animation die wirklich zu überzeugen weiß.
Fazit
Das Land der Juwelen bietet definitiv einmal ein anderes Sehvergnügen. Plot und Figuren sind originell, die Animation ohnehin und diese ist bisher auch der größte Pluspunkt, mit dem der Anime überzeugen kann. Die Geschichte selbst baut sich in diesen Episoden eher langsam auf, am Anfang wird man als Zuseher noch etwas allein gelassen, sodass man sich selbst zurechtfinden muss. Doch schon bald kommt mehr Licht in die Sache. Und es macht ebenfalls Spaß, die Welt gemeinsam mit Phos zu erkunden und die Hintergrundgeschichte zu entdecken.
Besonders hervorzuheben ist zusätzlich die deutsche Umsetzung. Zum einen aufgrund der gelungenen Synchronisation, aber zum anderen auch aufgrund der Übersetzung an sich. Hier wurden sich viele Gedanken gemacht, insbesondere was die Veranschaulichung der geschlechtslosen Edelsteine angeht. Und die Lösung hierfür ist ebenso elegant wie natürlich.
Die ersten vier Episoden von Das Land der Juwelen machen auf alle Fälle Lust auf mehr. Vor allem, da bereits hier viel angedeutet wird, sodass es spannend bleibt, wie sich die Serie weiterentwickeln wird.
Kurzfazit
Das Land der Juwelen ist nicht nur schön anzusehen, auch die Story zieht einen schnell in den Bann. Kurz: Dies ist ein Anime, der originell ist und den hohen Erwartungen bisher gerecht wird.
Bilder: © 2017 Haruko Ichikawa, KODANSHA/“Land of the Lustrous“ Committee
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