Was tun, wenn die Enkelin keine Farben mehr sehen kann? Richtig, man wendet Magie an und schickt sie prompt in der Zeit zurück! Mit dieser einfallsreichen Prämisse startet der Anime Die Welt in allen Farben – Iroduku. LEONINE Anime sicherte sich die Lizenz an dieser Serie und veröffentlichte alle 13 Episoden am 19. Februar 2021 auf DVD und Blu-ray. Lisa Murauer
ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.
Eine Welt ohne Farben
Wir schreiben das Jahr 2078: Die aus einer bekannten Hexenfamilie stammende Hitomi Tsukishiro verlor aus irgendeinem Grund die Fähigkeit, Farben sehen zu können. Deswegen zieht sie sich immer mehr zurück und verschließt sich ihren Mitmenschen und der gesamten Welt gegenüber. Mit Magie, die ein kleiner, aber essentieller Teil der Welt ist, hat Hitomi nur wenig am Hut, denn die Farben kann sie ihr nicht zurückbringen. Das denkt sie zumindest. Um Hitomi zu helfen, schickt ihre Großmutter Kohaku sie sechzig Jahre zurück in die Vergangenheit, woraufhin Hitomi prompt in einem ihr fremden Zimmer landet.
Gerade als sie fliehen will, kommt ein Junge zur Tür herein und sie kann sich gerade noch unter dem Bett verstecken. Nachdem die Luft rein ist, gelingt Hitomi die Flucht, allerdings verliert sie dabei ihren Ohrring, den der Junge namens Aoi schließlich findet. Da Hitomi nicht weiß, was genau sie eigentlich in der Vergangenheit tun soll, sie aber aus eigener Kraft nicht wieder in ihre eigene Zeit kann, beschließt sie, ihre nun junge Großmutter aufzusuchen. Im Magieladen ihrer Familie erfährt Hitomi allerdings, dass Kohaku noch nicht von ihrem Auslandsaufenthalt heimgekehrt ist. Hitomi steckt somit bis auf Weiteres im Jahr 2018 fest.
Zwischen den Zeiten
Bis Hitomi wieder zurück in ihre Zeit kann, kommt sie bei ihrer Familie unter und wird an der Schule eingeschrieben. Schon bald wird dadurch Hitomis Welt auf den Kopf gestellt, denn als sie auf Aoi trifft, ist es vorbei mit der grauen Eintönigkeit. Hitomi kann nämlich die Farben in Aois Zeichnungen sehen! Nicht nur das, die Bilder erwachen förmlich zum Leben. Aoi ist anfangs wenig von Hitomi begeistert, da sie sich als diejenige entpuppt, die in sein Zimmer eingebrochen ist und dort den Ohrring verloren hat. Nachdem Hitomi ihm allerdings ihr Geheimnis, dass sie aus der Zukunft stammt, verrät, kommen sie sich näher.
Um das Rätsel zu lösen, warum ihr Aois Bilder die Farben zurückbringen, tritt Hitomi dem Fotoclub der Schule bei, der sich mit dem Kunstclub, bei dem Aoi Mitglied ist, die Räumlichkeiten teilt. Mithilfe der anderen Clubmitglieder beginnt Hitomi, sich langsam zu öffnen und gewinnt somit auch mehr Selbstvertrauen. Als schließlich ihre Oma auftaucht, die sich als Wirbelwind entpuppt und mit ihrer Magie am liebsten Unfug anstellt, wird Hitomi mit der Frage konfrontiert, ob sie überhaupt wieder in ihre eigene Zeit will. Doch kann sie überhaupt in der Vergangenheit bleiben? Und wird sie dort ihre Farben endgültig zurückbekommen?
Bild und Animation
Iroduku (jap. Irozuku Sekai no Ashita kara) ist ein Original-Anime aus dem Studio P.A. Works, das unter anderem für andere Originalwerke wie Angel Beats! oder The Day I Became A God bekannt ist. Die Story stammt aus der Feder von Yūko Kakihara, während Toshiya Shinohara die Regie führte. Die japanische Erstausstrahlung erfolgte von Oktober bis Dezember 2018. Für den deutschsprachigen Raum hat sich LEONINE Anime die Rechte gesichert und veröffentlichte am 19. Februar 2020 alle 13 Episoden in einer Gesamtbox auf DVD und Blu-ray.
Ganz wie der Titel es verspricht, sind es vor allem die Farben, welche in der Animation hervorstechen. Gelungen sind hier insbesondere der Stil, der für Aois Bilder benutzt wird, sowie die Animationen, welche seine Zeichnungen zum Leben erwecken. Besonders schön gestaltet sich dabei der Kontrast zur Realität und den Figuren, die in die Bilderwelt eintauchen. Zwischenzeitlich wird die gesamte Welt aus Hitomis Perspektive gezeigt und nur in Grautönen dargestellt. Gerade von diesen Sequenzen hätte ich mir mehr gewünscht, denn wie Hitomi zu sehen hilft, sich besser in sie hineinfühlen zu können und macht ihre Sehnsucht, wieder Farben erkennen zu wollen, verständlicher.
Das Charakterdesign von Yuki Akiyama ist im typischen P.A. Works-Look gehalten und durchaus ansprechend, jedoch wirken die Figuren besonders in Verbindung mit der ausgezeichneten Beleuchtung etwas plastikartig. Zusätzlich fällt die Gesichtsproportion negativ auf – speziell die Nasen, welche sich im Dreiviertelprofil meistens irgendwo auf der Wange befinden. Bei den sehr häufigen Close-ups sticht dies ins Auge.
Deutsche Umsetzung und Musik
Für die deutsche Sprachfassung wurde die EuroSync GmbH aus Berlin beauftragt. Die Dialogregie führte Yannick Forstenhäusler und die insgesamt 15 Sprechrollen wurden insgesamt passend besetzt. Für meinen Geschmack ist allerdings Leslie-Vanessa Lill als Hitomi vor allem zu Beginn etwas zu emotionslos. Dies liegt teilweise an Hitomi selbst, die ein (zu) zurückhaltender und passiver Charakter ist, dennoch hätte ich mir etwas mehr Ausdruck gewünscht. Dies wird jedoch von Folge zu Folge besser. Auch bei Vincent Fallow, der Aoi spricht, vermisse ich einen etwas jugendlichen Klang wie ihn Aoi in der japanischen Fassung aufweist. Wer die Serie im Originalton sehen will, kann natürlich auf die japanische Sprachfassung, die mit deutschen Untertiteln verfügbar ist, zurückgreifen.
Die Musik von Yoshiaki Dewa ist atmosphärisch und untermalt die ruhige Stimmung des Animes. Opening (Sai von Haruka to Miyuki) und Ending (Mimei no Kimi to Hakumei no Mahou von Nagi Yanagi) sind musikalisch gelungen, wobei bei diesen ebenfalls die Animation mehr zur Geltung kommt als der Soundtrack selbst. Generell erfüllt die Musik zwar ihren Zweck, schafft es jedoch nicht, sich besonders hervorzuheben.
Fazit
Magie, Zeitreisen, eine farbenblinde Protagonistin sowie Schul- und Liebesdrama. Iroduku beginnt originell und verspricht viel. Die Originalwerke von Studio P.A. sind berüchtigt dafür, speziell gegen Ende hin an Qualität nachzulassen. Bei Iroduku ist dies glücklicherweise nicht der Fall, denn das Finale ist durchaus zufriedenstellend, rundet die Story gut ab und lässt gleichzeitig Raum für Interpretationen. Dafür schwächelt in diesem Anime der mittlere Teil, denn dieser zieht sich ziemlich in die Länge. Generell fehlt es dem Anime an dem (emotionalen) Highlight, auf welches er zuzusteuern scheint.
Die Charaktere sind leider ein weiterer Schwachpunkt. Sie sind zwar sympathisch, aber die meisten von ihnen sind auf nur wenige Persönlichkeitsmerkmale reduziert und vermögen es deswegen nicht, im Gedächtnis zu bleiben. Obwohl kleine Momente existieren, in denen die einzelnen Figuren im Spotlight stehen, sind es zu wenige, um ihnen mehr Tiefe zu verleihen. Dabei hätte gerade Hitomi deutlich mehr Potential gehabt. Schließlich findet sie sich in einer Welt wieder, deren Technologie sie nicht kennt und die ihr, selbst wenn sie in gewisser Weise noch immer ihre eigene ist, durchaus fremd ist. Zwar wird auf diesen Umstand anfangs etwas eingegangen, jedoch hat sich Hitomi überraschend schnell akklimatisiert. Somit fällt sie noch weniger auf, als sie es ohnehin schon tut. Unter den Figuren ist es so einzig Kohaku, die besonders hervorsticht, und einfach Spaß macht.
In Zusammenhang mit Kohaku sind die Effekte, die für die Magie benutzt werden, positiv zu erwähnen. Die Animation generell kann zurecht als das Highlight des Animes bezeichnet werden. Sie sieht einfach nur schön aus, besticht dank ihrer Kreativität und verleiht der Serie das gewisse Etwas. Die Musik hingegen ist solide, sticht aber nicht sonderlich hervor. Die deutsche Synchronisation ist ebenso (fast zur Gänze) einwandfrei.
Alles in allem besitzt Iroduku viel Potential, welches allerdings nicht vollkommen ausgeschöpft wird. Dennoch lohnt es sich, der Serie eine Chance zu geben, allein schon aufgrund der originellen Prämisse, dem zufriedenstellenden Ende und natürlich der ausgezeichneten Animation.
Kurzfazit
Der Weg ist das Ziel – so lautet das Motto von Iroduku. Hier wird eine sich langsam entwickelnde Story geboten, die allerdings, was die Figuren angeht, leider etwas schwächelt. Dafür ist die Animation wirklich beeindruckend.
Bilder: ©IRODUKU The World in Colors Project
FOLGE PATTOTV AUF