Reiji Miyajimas Manga-Reihe Rent-a-Girlfriend erhielt zum Sommer 2020 eine Anime-Adaption, die auch hierzulande beim Anbieter Crunchyroll im Simulcast lief. Passend zum kürzlichen Start der zweiten Staffel in Japan, veröffentlicht das Berliner Anime-Label (ehemals KAZÉ Anime) die zwölfteilige erste Staffel nun auch auf Disc. Doch wie vielversprechend ist die romantische Komödie wirklich? Arleen Schäfer
ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.
Ein romantisches Angebot
Der junge Student Kazuya Kinoshita wurde erst vor wenigen Tagen von seiner Freundin Mami Nanami verlassen und weiß sich nicht besser zu helfen, als über eine Online-Plattform eine neue feste Freundin zu mieten. Ja, richtig gehört: Zu mieten!
Obwohl das erste Treffen gut verläuft und seine Miet-Freundin Chizuru Mizuhara ein wahrgewordener Traum ist, kommt Kazuya nicht mit den moralischen Zweifeln an einer vorgetäuschten und bezahlten Beziehung zurecht. Den Bewertungen auf der Plattform ist nämlich deutlich zu entnehmen, dass das ach so wundervolle Date und Chizurus liebenswertes Getue zu ihren Standard-Abläufen gehört.
Job ist Job
Da Kazuya sich betrogen fühlt, gibt der entmutigte Junge ihr eine schlechte Bewertung und will sie eigentlich nicht erneut mieten. Kurzerhand entscheidet er sich um, mietet Chizuru erneut als Freundin und verurteilt sie und ihren Job von Angesicht zu Angesicht. Darauf reagiert Chizuru natürlich entrüstet, weil sie hart dafür arbeitet, um eine sehr gute Reputation zu erzielen. Darüber hinaus hat Kazuya den AGBs zugestimmt und muss selbst genau wissen, dass es sich hierbei um keine richtige Beziehung handelt.
Mitten im Streit der beiden erhält Kazuya plötzlich einen Anruf, dass seine Großmutter im Krankenhaus liegt. Nachdem seine gebuchte Zeit noch nicht abgelaufen ist, begleitet ihn Chizuru trotz seines Einspruchs ins Krankenhaus, wo er Chizuru einfach als seine neue Freundin vorstellt. Die Ereignisse überschlagen sich und auf die falsche Beziehung folgt eine gespielte Trennung. Und als ob das nicht schon genug wäre, erfahren die beiden, dass sie auf dieselbe Universität gehen. Dabei lernt Kazuya Chizurus wahre Persönlichkeit kennen.
Bild und Animation
Rent-a-Girlfriend (jap. Kanojo, Okarishimasu) basiert auf dem gleichnamigen Manga von Reiji Miyajima, der seit Juli 2017 im Weekly Shōnen Magazine erscheint. Hierzulande ist die Reihe unter dem Titel Rental Girlfriend bekannt. Die erste Staffel der Anime-Serie wurde unter der Regie von Kazuomi Koga im Studio TMS Entertainment (u. a. Dr. Stone und Fruits Basket) produziert und lief mit insgesamt zwölf Episoden zwischen Juli und September 2020 im japanischen TV. Eine zweite Staffel begann diesen Sommer. Crunchyroll zeigte Rent-a-Girlfriend damals im Simulcast und veröffentlicht seit dem 21. Juli 2022 den Anime in drei Volumes auf DVD und Blu-ray.
Schon in den ersten Episoden sticht die hervorragende sowie detailreiche Animation und Bildgestaltung von Rent-a-Girlfriend ins Auge, wofür sich das Studio TMS Entertainment bereits in vergangenen Adaptionen ausgezeichnet hat. Die Charaktere sind optisch elegant umgesetzt und auch die komödiantischen Effekte der Animation fügen sich sehr gut ein. Zudem ist die Animation angenehm flüssig und gefällt zusammen mit der kognitiven Farbsetzung. Insbesondere die passenden Lichteffekte verleihen der Anime-Serie eine angenehme Optik.
In erster Linie fällt Chizurus Umsetzung positiv auf und unterstreicht ihre Eigenschaften als Miet-Freundin gleichermaßen wie ihre Attribute im Alltag. Kazuyas Ex-Freundin Mami Nanami wird ebenfalls von einer sehr gut ausgearbeiteten bildlichen Darstellung und Animation in Szene gesetzt, die ihren Charakter besonders gut unterstreicht. Deshalb lässt sich bislang nur Positives zur gestalterischen Umsetzung des Animes sagen.
Deutsche Umsetzung und Musik
Ein besonderes Augenmerk fällt durch die Home-Video-Veröffentlichung auf die deutschsprachige Sprachfassung von Rent-a-Girlfriend. Die TNT Media GmbH in Berlin zeichnet sich hierfür verantwortlich, während die Dialogregie von Martin Irnich übernommen wird.
Unter den Sprechern befinden sich erfahrene und bekannte Stimmen wie Luisa Wietzorek (Gabi Braun in Attack on Titan) als Chizuru und Lasse Dreyer (Takemichi Hanagaki in Tokyo Revengers) als Kazuya. In der originalen Fassung wurden die Rollen von den noch recht jungen, aber nicht weniger erfahrenen Sprechern Sora Amamiya (Akame in Akame ga Kill!) und Shun Horie (Nezumi in Juuni Taisen) übernommen.
Insgesamt fällt die deutsche Vertonung nicht negativ auf. Im Gegenteil: Sie gefällt mir sogar recht gut. Die deutsche Sprachfassung ist solide und in den ersten Episoden durchgehend lippensynchron. Zudem passen die Stimmen aus dem deutschen Sprechercast ohne Ausnahme zu ihren jeweiligen Rollen. Einzig in hektischen Szenen wirkt die Synchronisation chaotisch, wobei dies auch durchaus den Szenen an sich zuzuschreiben ist. Die Musik wiederum ist gut gewählt und das Opening (Centimeter von The Peggies) sowie das Ending (Kokuhaku Bungee Jump von Halca) passen zum Gesamtpaket der Anime-Serie.
Fazit
Rent-a-Girlfriend hinterlässt nach seinen ersten vier Episoden gemischte Gefühle bei mir. Obwohl es weder etwas an der visuellen Umsetzung noch an der deutschen Synchronisation zu bemängeln gibt, würde ich persönlich Rent-a-Girlfriend Stand jetzt nicht weiterempfehlen. Die Charaktere erscheinen nicht gerade gut konzipiert oder besonders tiefgründig, wodurch eine Identifikation mit den Figuren oder ein Mitfiebern mit ihnen in meinen Augen sehr schwerfällt.
Kazuya ist eine sehr stereotypische Figur, die abgesehen von seiner unfreiwilligen Jungfräulichkeit und seinem Interesse an jungen Frauen wenig Eigenschaften besitzt. Er kommt ziemlich oberflächlich und wenig intelligent rüber, was ihn für mich zu einer unliebsamen Hauptfigur macht. Chizuru wiederum besitzt etwas mehr Tiefe, was jedoch ausschließlich auf ihren geheimen Job und den Zwist mit ihrem Privatleben zurückzuführen ist. Wieder finden sich in der Handlung alte Klischees, die nur minimal mit ihren positiven Charaktereigenschaften ausgeglichen werden.
Ein weiteres Defizit ist der Humor, den ich kaum als solchen bezeichnen würde, wenn er nicht in einer Szene auf One Punch Man anspielen würde. Ansonsten wirkt der komödiantische Part von Rent-a-Girlfriend aufgesetzt und flach, da er auch fast ausschließlich auf Kazuyas Unfähigkeit in der Dating-Welt aufgebaut ist, was wenig Stoff bietet und erneut sehr stereotypisch ausfällt. Auch die Nebenfiguren und die Handlung selbst wirken flach und sehr kurzweilig, wenn nicht sogar nichtssagend und vorhersehbar. Man muss also abwarten, wie sich Rent-a-Girlfriend im Laufe der nächsten Episoden entwickelt.
Kurzfazit
Rent-a-Girlfriend hat mich daran erinnert, warum ich kein Fan von romantischen Komödien bin. Bislang wirft der Anime Stereotypen in einen Topf und versucht, zwanghaft witzig zu sein. Nichtsdestoweniger muss die ausgezeichnete visuelle Umsetzung hervorgehoben werden.
Bilder: ©2020Reiji Miyajima, KODANSHA /“Kanojo, Okarishimasu“ Production Committee.
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